Stellungnahme Gemeinschaftsschulen

Sprachenkonzept 2017

die Landeselternvertretung der Gemeinschaftsschulen bedankt sich für die Möglichkeit zu dem Sprachenkonzept Ideen vorschlagen zu dürfen. Außerdem bedanken wir uns für die Fristverlängerung und die uns entgegengebrachte Geduld.

Die Eltern sehen in der Mehrsprachigkeit ihrer Kinder einen Vorteil, den es geschickt und angemessen ausgestattet weiter auszubauen gilt. Die Landeselternvertretung der Gemeinschaftsschulen bemerkt positiv, dass es ein erklärtes Ziel ist, die deutsche Sprache zu stärken (wie auch andere Muttersprachen) und das ebenso wichtige Englisch nicht zu vernachlässigen. Darunter verstehen wir, dass auch hier die notwendigen Ressourcen und Mittel in vollem Umfang eingebracht werden.

Die von Ihnen vorgeschlagenen Handlungsfelder haben die Eltern beraten und stellen folgende Ideen vor:

Lehreraus- und –fortbildung
Der bemerkbare Lehrermangel, auch und insbesondere in Französisch, trägt nicht dazu bei, dass die Kinder immer von vollausgebildeten Fachlehrkräften unterrichtet werden können. Ebenso glauben wir, dass nicht alle in der Stundentafel vorgesehenen Stunden auch in vollem Umfang abgehalten werden (können).

Wünschenswert und zielführend, um die Liebe zur französischen Sprache und auch die Kenntnisse zu vermitteln, ist eine ausreichende Lehrerversorgung und um diese sicherzustellen, muss aus unserer Sicht eine entsprechend vorausschauende Personal-planung erfolgen. Eine Lehrerversorgung von über 100 % ist aus unserer Sicht auskömmlich, damit kein Fremdsprachenunterricht ausfallen muss. In die Personalisierung der Standorte muss eine Reserve an Fremdsprachenlehrkräften eingerechnet werden. Die sollte so auskömmlich berechnet sein, dass kein Unterricht ausfallen muss, wenn Lehrkräfte an wichtigen Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen.

Damit unsere Kinder von den besten Lehrern unterrichtet werden können, muss sichergestellt werden, dass die besten Lehrkräfte im Land verbleiben und nicht von anderen Bundesländern oder der Wirtschaft abgeworben werden. Dazu muss die Landesregierung gewillt sein, mehr finanzielle Mittel in die Bildungspolitik zu investieren (Einstellung von Lehrern, Anreize schaffen um im Saarland zu bleiben bzw. ins Saarland zu ziehen, angemessene Bezahlung).

Aus unserer Sicht sind muttersprachliche Lehrkräfte ein besonderer Gewinn für den Kompetenzerwerb unserer Kinder. Hier schlagen wir vor, dass die Landesregierung verstärkt Anstrengungen unternimmt, Lehrer und Lehrerinnen mit der Muttersprache Französisch oder Englisch in den saarländischen Schuldienst zu bekommen. (Damit wollen wir keinesfalls die gute Arbeit der Kollegen und Kolleginnen diskreditieren, die die französische Sprache als gelernte Sprache unterrichten.)

Die Elternvertretung kann sich auch vorstellen, dass französische und deutsche Lehrkräfte gemeinsame Fortbildungsveranstaltungen besuchen, z.B. um sich über aktuelle Jugendliteratur im jeweiligen Nachbarland auf dem Laufenden zu halten. Mit Lehrkräften anderer Sprachen ist das genauso möglich.

Optimierung der Übergänge zwischen den Schulstufen und –formen.

Unter diesem Punkt betrachtet die LEV Gemeinschaftsschule mehrere Übergänge: Einmal den Wechsel von der Grundschule in die 5. Klasse, dann der Übergang von Klasse 10 in die Eingangsphase der Gymnasialen Oberstufe und die Schüler_innen aus anderen Schulformen, die in die Gemeinschaftsschulen wechseln.

Es kostet Zeit die unterschiedlichen Voraussetzungen, mit denen die Kinder in den Eingangsklassen beginnen, auf den gleichen Stand zu bringen. Wir gehen davon aus, dass der schon angesprochene Lehrermangel zu den unterschiedlichen Lernständen führt. Mit einer entsprechenden Personalisierung an den Grundschulen könnte hier Abhilfe geschaffen werden.

Die Anpassung der Lehrpläne parallel in den Klassenstufen der einzelnen Schulformen ist unerlässlich. Gerade bei Kindern und Jugendlichen, die die Schulform innerhalb eines Schuljahres wechseln, können die unterschiedlichen Lerninhalte zu Anpassungsschwierigkeiten führen. Hier verweisen wir auf die Gleichwertigkeit der zwei Säulen der allgemeinbildenden Schulen, die insbesondere garantieren sollte, dass ein problemloser Wechsel möglich ist.

Da innerhalb eines Jahres die zu vermittelnden Kompetenzen nicht in vorgeschriebener Reihenfolge gelernt werden müssen und somit in der Verantwortlichkeit der einzelnen Lehrkraft liegen, wissen wir nicht, wie hier eine Abhilfe geschaffen werden kann.
Außerdem wünschen wir uns, dass der Wahlpflichtbereich 2. Fremdsprache in der Gemeinschaftsschulverordnung wieder auf A-Kurs-Niveau unterrichtet werden kann. (§8 GemSVO) Nur so ist sichergestellt, dass die Schüler_innen, die den neunjährigen Weg zum Abitur wählen und sich in zweiter Fremdsprache für Französisch / Englisch entschieden haben, auch in der Oberstufe den Anforderungen des Lehrplans der GOS gerecht werden können und mit Freude und Erfolg lernen. Auch hier verweisen wir auf die Gleichwertigkeit beider Säulen.

Desweiteren schlagen wir vor, den Satz „….im vierstündigen Wahlpflichtfach „2. Fremdsprache“ ist in der Regel eine Mindestgröße der einzelnen Gruppe von 10 Schülerinnen und Schülern erforderlich.“ (§8, 1 GemSVO) zu ändern. Die Gruppengröße sollte je nach Bedarf des einzelnen Standortes festgelegt werden. Hier wird aus unserer Sicht schon eine Hürde an den Standorten geschaffen, da sie für die räumliche und personelle Ausstattung von Kursen verantwortlich sind und an die äußeren Gegebenheiten gebunden sind. Die Landesregierung muss auch hier mehr finanzielle Mittel in die Lehrerausstattung geben und die Schulträger müssen bei Bedarf die Voraussetzungen für Räume schaffen.

Mehrsprachigkeitsdidaktik:

Möglichst viele Sprachen zu beherrschen ist in einer multilingualen Gesellschaft eine Notwendigkeit. Englisch spielt in der internationalen Kommunikation eine größere Rolle als Französisch. Darum wünschen sich die Eltern die echte Wahlmöglichkeit an jedem Standort mit der Eingangssprache Englisch beginnen zu können. Die Möglichkeit Französisch ebenfalls wählen zu können soll nicht angetastet werden. Für Kinder, die eine sprachliche Begabung haben, ist das Erlernen von zwei Sprachen nebeneinander ein Vorteil, um sich am Arbeitsmarkt oder an Hochschulen von Mitbewerbern abzusetzen. Damit der Erwerb von Sprachen in gutem Maße gelingen kann müssen die Klassengrößen dementsprechend angepasst sein. Ein Klassenteiler von 27 oder mehr Schülern ist dem Ziel nicht förderlich. Die Landesregierung muss finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, um mehr Lehrkräfte einzustellen (so sie denn am Markt vorhanden sind).

Die Auswahl an Texten und Vokabeln sollten dem Alter der Jugendlichen angepasst sein, um so ihr Interesse zu wecken und ihre Aufmerksamkeit zu erhalten. Da die Lebenswelt der Jugendlichen sich heute in einem schnelleren Wandel befindet, bedeutet das aus unserer Sicht auch, dass die Lehrwerke in dem gleichen Rhythmus an die Aktualität angepasst werden müssen. Eine Evaluation der Texte muss spätestens alle vier Jahre erfolgen.

Neue Medien müssen in den Fremdsprachenunterricht einfließen, z.B. dass in einer Fremdsprache auch Videos produziert werden oder dass die Schüler die spezielle Sprache der sozialen Netzwerke in der Fremdsprache kennenlernen.

Erlernte und erlebte Mehrsprachigkeit – der Anwendungsbezug schulischen Sprachenlernens
Hier verweisen wir auf unsere Stellungnahme vom Mai 2014 im Rahmen der Frankreichstrategie, in der wir schon damals auf den Nutzen von Schüleraustausch und Schulpartnerschaften hingewiesen haben. Für viele Eltern stellt sich nach wie vor die Kostenfrage. Fahrten zu Partnerschulen müssen für die deutschen Schüler kostenfrei sein. Ausflüge ins benachbarte Ausland müssen im Rahmen von Unterrichtsgängen (siehe Lehrfahrtenerlass) möglich sein. Französische Schullandheime sind zu wenig in der Wahrnehmung der Schulen, auch hier sehen wir noch Verbesserungsbedarf und die Möglichkeit unseren Kindern die Kultur und das Alltagsleben der Nachbarn vorzustellen.

Schüleraustausche, wie z.B. das Schumann-Projekt sind nicht allen Eltern bekannt; das persönliche Engagement von Lehrkräften (und die Möglichkeit sich Freiräume im Unterrichtsgeschehen zu schaffen) sind hier ein Unwägbarkeitsfaktor der von Schule zu Schule variiert. Schulen brauchen zur Durchführung von Partnerschaften und zur Organisation von Fahrten ausreichend Zeit (z.B. in Form von Deputaten).

Wettbewerbe z.B. kultureller Art, die schulformübergreifend von beiden Ländern ausgeschrieben sind, wären ebenfalls ein erfolgsversprechender Ansatz um deutsche und französische / englische Schüler miteinander in Kontakt zu bringen.
Durch Ferienjobs im Nachbarland werden zum einen sprachliche Kompetenzen erweitert, zum weiteren kulturelle Begegnungen geschaffen und persönliche Kontakte geknüpft. Bereits bestehende Städte- / Gemeindepartnerschaften könnten hier den jungen Menschen bei der Vermittlung von Ferienjobs behilflich sein. Die jeweilige Partnergemeinde übernimmt die Organisation von Wohngelegenheiten.

Desweiteren ist den Eltern aufgefallen, dass von Lehrbuchverlagen kaum über das im Lehrplan ausgewiesene Unterrichts- und Übungsmaterial hinaus, weitergehende Bücher und Übungsklausuren Französisch angeboten werden. Auf Nachfrage wird erklärt, dass der saarländische Markt zu klein sei und Französisch ein eher „Nischendasein“ führe. Die saarländische Landesregierung sollte hier mit Lehrbuchverlagen und Autoren Vereinbarungen treffen, um lernbegierigen Schüler_innen Angebote machen zu können. Das Preisniveau solcher Bücher darf aber nicht unverhältnismäßig höher liegen, als das vergleichbarer anderer Sprachen.

Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife und ihre Konsequenzen für Bildungssprachenlernen und Inklusion

Damit die Anforderungen (Hör-, Leseverstehen, Sprechen, Schreiben, sprachliche Mittel) auch in den letzten Jahren erfolgreich abgelegt werden können, müssen sich die Lehrpläne von der Klasse 5 an kontinuierlich anpassen und die Anforderungsprofile Jahr für Jahr aufwachsend aufbauen. So muss z.B. eingeübt werden, dass im Dialog über ein aktuelles Thema diskutiert werden kann. Dies kann nicht erst in den letzten beiden Jahren vor dem Abitur geschehen.

Die Eltern weisen mit allem Nachdruck darauf hin, dass die angedachten Änderungen im mündlichen Teil der Prüfung zwar eine Verbesserung für die Schüler_innen darstellen, aber hier noch eine zusätzliche schülerorientierte und damit erfolgversprechendere Motivation möglich ist. Die individuelle Begabung (Hörverstehen, Sprechen) ist den jungen Erwachsenen bekannt und sie sind in der Lage selbst zu reflektieren. Demzufolge sollten sie auch entscheiden, ob sie ihren Prüfungsteil in einer Sprechprüfung ablegen wollen oder ob sie lieber einen Hörverstehensteil absolvieren wollen. Selbstverständlich sind beide Kompetenzen zu lernen und zu können. Der Elternvertretung geht es darum, dass der Jugendliche in der angespannten Prüfungssituation die Möglichkeit hat, ein seinen Begabungen entgegenkommendes Profil zu wählen.

Die Inklusion stellt nicht nur im Fremdsprachenunterricht die Schulgemeinschaft vor Herausforderungen. Aber gerade im Sprachenunterricht muss den besonderen Voraussetzungen von Kindern mit Handicap Rechnung getragen werden. Manche Kinder sind mit ihrer Muttersprache schon so gefordert, dass sie das Erlernen einer weiteren Sprache so überfordern würde, dass Konsequenzen zu befürchten sind (Schul- und/oder Lernverweigerung, Verhaltensauffälligkeiten). Hier ist das Kind in den besonderen Fokus zu nehmen und eine schülerorientierte Lösung innerhalb der Stundentafel zu finden.

Kindern, die legasthen sind, können Fremdsprachen lernen. Ihnen sind aber selbstverständlich die gleichen Nachteilsausgleiche zu gewähren, wie in der Sprache Deutsch. Hier sind die Sprachlehrkräfte entsprechend zu schulen, dass sie hilfreiche Tipps weitergeben können. Ein Förderplan in der Sprache Französisch / Englisch ist analog zu dem im Fach Deutsch aufzustellen. Die hilfreiche Unterstützung der Deutschlehrkraft ist notwendig. Hierzu braucht es Zeit um entsprechende Absprachen zu treffen und zu dokumentieren. l
Kinder mit besonderem Förderbedarf brauchen in allen angebotenen Fremdsprachen einen barrierefreien Zugang, bei dem keine finanziellen Bremsen greifen dürfen (besondere Lernsoftware, differenzierte Lernmaterialien, Doppelteaching, Förderplankonferenzen, Elterngespräche).

Sprachliche Bedürfnisse von Geflüchteten

Menschen, die zu uns gekommen sind, brauchen die Teilhabe an unserem Leben, die ihnen durch den Erwerb der deutschen Sprache möglich wird.

Demzufolge sollte der erste Blick darauf konzentriert sein. Allerdings ist das einzelne Kind oder der einzelne Jugendliche hier genau zu beobachten und ihm oder ihr die Möglichkeit zu geben, an bereits erlerntes Wissen im Heimatland anzuknüpfen oder einzuräumen, am Fremdsprachenunterricht (vielleicht auch zunächst unter Notenaussetzung) teilzunehmen. Eine flexible, schülerorientierte Denkweise ist hier von den Eltern gewünscht.

Für die Vermittlung der deutschen Sprache müssen ausgebildete Kräfte zur Verfügung stehen. Eine Schüler-Lehrer-Relation von 5:1 ist aus unserer Sicht eine gute Voraussetzung, dass die Kinder schnell Deutsch lernen und ihnen somit auch die Teilnahme an den anderen Fächern möglich ist.

Die Muttersprache der Jugendlichen ist für die Identitätsfindung notwendig, darum darf sie nicht als „minderwertig“, „schlecht“ oder „abartig“ angesehen werden. Ihr ist Raum zu geben, wie z.B. durch muttersprachliche Lehrkräfte, die die Kinder in einigen Stunden kontrolliert in Kultur und Wissen des Heimatlandes unterrichten. Dort können Projekte erarbeitet werden, die dann der Schulgemeinschaft vorgestellt werden (gerne in der Herkunftssprache), um die Akzeptanz zu vergrößern.

Sprachenlernen und Digitalisierung

Dass zum Sprachenlernen die neuen Medien eingesetzt werden, wird von der Elternvertretung begrüßt. Medien begleiten unsere Kinder und es ist nur folgerichtig, hier an die Lebenswelt anzuschließen. Der Einsatz von Spielfilmen, Lehrfilmen und Videos von Plattformen um die Sprachen auch mit dialektischer Einfärbung verstehen zu lernen ist eine Möglichkeit. Wir weisen darauf hin, dass französischsprachige Online-Spiele wenig bekannt und demzufolge auch wenig von den Schüler_innen genutzt werden. Hier sehen die Eltern eine Nische, die auch von Lehrbuchverlagen besetzt werden kann. Auch das eigene kreative Entwickeln von Spielen – fächerübergreifend mit z.B. Informatik – im Unterricht sehen wir als eine gelungene Möglichkeit mehrere Kompetenzen zu vermitteln. Teilweise werden schon Sprach-Lern-Apps in Deutsch und einer Sprache, die von Flüchtlingen als Muttersprache gesprochen wird, angeboten. In diesem Zusammenhang können auch andere Herkunftssprachen gestärkt werden und eine Akzeptanz für sie vergrößert werden. Der Hinweis, dass die räumlichen und sächlichen wie auch personellen Ressourcen an den Standorten vorhanden sein müssen, ist ermüdend, aber notwendig.

Die Elternvertreter_innen wünschen sich, dass unsere Vorschläge in die Erarbeitung der Sprachenvermittlung Eingang finden und hoffen, dass der mehrfache Hinweis, dass finanzielle Ressourcen unerlässlich für ein Lernen unserer Kinder sind, nicht unter den Vorbehalt realistischer Vorschläge fallen.

Für Fragen steht die Landeselternvertretung der Gemeinschaftsschulen gerne zur Verfügung.

März 2017